Kennt Ihr das, wenn Auswärtige versuchen, Hofer Dialekt zu sprechen? Süß, oder? Als ich die Präsentation zur großen awalla Enthüllung verlasse, bekomme ich mit, wie eine Dame, die normalerweise offensichtlich Hochdeutsch spricht, den Begriff mit „eine Weile“ übersetzt. Und muss schmunzeln.
Als wir uns im Auto der FH nähern, zeigt sich bereits: Das Interesse an der Vision „awalla“ ist riesig. Die Parkplätze sind voll und von Weitem sieht man schon die vielen Teilnehmer im bunten Licht der Fachhochschule stehen. Kein Wunder, die Initiatoren des Projekts haben es spannend gemacht. Und wir Hofer sind neugierig.
Es schneit dicke Flocken, als wir auf die Veranstaltung zugehen. Awalla. Unter dem, was ich bis jetzt gehört habe, stelle ich mir vor allem ein Sommerprojekt vor. Es wird sowas von Zeit für warme Temperaturen, oder?
Das Audimax ist völlig überfüllt. Bekannte Gesichter überall. Die ersten Reihen sind reserviert aber nicht besetzt. Wir finden keinen Platz mehr und stellen uns an den Rand auf die Treppe. Mein alter Klassenleiter der BOS, Herr Burzow, winkt mir aus dem Publikum fröhlich zu und zeigt mir seinen Daumen nach oben. Und auch ich freue mich angesichts des riesigen Andrangs. Wie schade ist es, wenn sich Menschen jahrelang Mühe geben und es am Ende keinen interessiert.
Der Vortrag soll beginnen und die stehenden Leute werden mit Hinweis auf die Brandschutzordnung nach draußen geschickt. Die Präsentation werde im Vorraum live übertragen, heißt es. Ich will nicht nach draußen. Ich will hier bleiben und Fotos schießen und die Stimmung fühlen dürfen. Während die Stehenden nach draußen gehen, sehen wir uns verzweifelt um, ob nicht doch irgendwo ein Plätzchen zu ergattern ist. In dem Moment kommt Gisela Meinel auf uns zu und winkt uns lächelnd zu den übrigen, reservierten Plätzen. Yes!
Der uns allen bekannte Wastl taucht auf und nimmt links neben mir Platz. Es sind eine Menge der Leute da, die man in Hof so kennt. Journalisten machen geschäftig Fotos. Die Stimmung ist positiv und herzlich.
Viele finden Hof stinklangweilig
Dr. Lehmann, Präsident der Fachhochschule macht es bei der Eröffnung spannend. Dass er gerade aus München käme, wo das Wetter auch nicht besser sei, erzählt er. Und dass er verrückte Ideen liebe. Außerdem gäbe es das, was hier geplant wird, in München überhaupt nicht.
Als nächstes wird die Präsentation gestartet und ich muss sagen, die macht Lust. Tolle Bilder von Hof leuchten auf der Leinwand, die Hintergrundmusik wummert. Man könnte meinen, wir leben in einer pulsierenden Großstadt. Die letzten Worte des Eröffnungsvideos lauten: „Wir gestalten Ihre Zukunft aktiv mit – auch wenn es nur awalla ist.“ Habt ihr sofort begriffen, dass der Name des Vereins einen fränkischen Begriff darstellt? Ich habe das erst bemerkt, als ich ihn zum ersten mal laut ausgesprochen habe. Mein Freund und ich sahen uns in dem Moment fragend an und rätselten lachend, ob wohl tatsächlich das fränkische „derweil“ damit gemeint sei.
Thiemo Wagner, Student und Gründungsmitglied, berichtet, dass viele Leute Hof als stinklangweilig empfinden. Das soll mit awalla geändert werden.
Promis verfolgen den Live-Stream auf Facebook
Wastl hat neben mir einen Live-Stream für die Facebook-Gruppe „Hof an der Saale“ gestartet. Als ich in sein Handy luke, sehe ich unter dem Video die Meldung „Harald Fichtner sieht gerade zu“. Ich kichere amüsiert in mich hinein. Unser kleines Hof.
Jetzt wird’s zum ersten mal unterhaltsam. Denn Teamleiter Felix kommt zu Wort. Und er rappt. Ich muss ja sagen, ich finde es meistens total dämlich, wenn Menschen versuchen, ein Thema mit einem Rap zu transportieren. Also Menschen, die von Hip Hop so viel verstehen, wie der Papst von Gruppensex. Ihr wisst, was ich meine. Meistens sind das Erwachsene, die Worte wie „hipp“ verwenden. Ältere Leute, die denken, sie kommen damit bei der Jugend an, sprechen ihre Sprache. Peinlich. Aber Felix kann rappen – wie gut! Es macht Bock, ihm zuzuhören und er erntet tosenden Applaus. Das fängt ja schon mal gut an.
Eine Plattform für uns von uns
Alle Sprecher benutzen ähnliche Worte. Es ist von einer Plattform für Künstler, Gastronomen, Musiker und Schauspieler die Rede. Von immer wieder Neuem, von spontanen Happenings und Poetry Slams. Von einem Anziehungspunkt für Junge und Junggebliebene. Ein Sprungsbrett, ein Platz zur Selbstvermarktung soll es sein. Gastronomie und Erlebnis sollen an einem Ort vereint werden. Bewegliches Business ist eines des Stichworte.
Ich fühle mich an unser beliebtes Bürgerfest erinnert, von dem ich die letzten zwei Jahre wirklich begeistert war. 2017 war es so schön heiß draußen, dass ich barfuß durch die Straße lief, meine unbequemen, hohen Schuhe in der Hand. Sofort meldet sich allerdings mein kritischer Geist. Wie soll denn das funktionieren, wenn das Wetter nicht mitspielt? Vor meinem inneren Auge habe ich ein Bild von sommerlicher Atmosphäre, Musik und guter Laune. Das macht total Lust. Doch was, wenn es regnet?
Gisi Meinel denkt da gleich praktisch, ihr Geschäftssinn kommt offensichtlich durch. Bei schlechtem Wetter könnten Händler dort sogar Gummistiefel vertreiben. So seltsam das klingt, aber es gab bereits wirklich Events, auf denen ich mir gewünscht hätte, dass ich irgendwie an Gummistiefel komme. Weil ich einfach gerne geblieben wäre, aber mich nasse Füße zum Gehen gezwungen haben.
638 Tage arbeiten die Initiatoren bereits an der Idee. Ich bin fast ein wenig beleidigt. Fast zwei Jahre lang läuft das Ding schon und man bekommt nichts mit. Und da denkst du, Hof ist ein Dorf.
Containerbeispiele aus den Metropolen
Architekt Georg von der Planung und dem Bau Team erklärt den Aufbau. Drei Container sollen bereits im Juni 2018 zur Raumschaffung gestapelt und kombiniert werden.
Auf der Präsentation sind erfolgreiche Beispiele aus Zürich und Berlin zu sehen, an dem sich die Veranstalter orientieren. Einen Tag später verfolge ich ein Gespräch in der Tankstelle. Dass der Vergleich mit Berlin ja wohl sehr weit hergeholt sei, meint eine Kundin. Doch habe ich auf der Veranstaltung nicht das Gefühl, dass die Vereinsmitglieder so größenwahnsinnig wären, zu glauben, Hof würde sich durch awalla wie von Zauberhand in eine Metropole verwandeln. Die Vergleiche mit Großstädten beziehen sich auf die Containeridee. Eine Panorama-Terasse in 3-4 Metern Höhe ist geplant, ein Foodtruck-Bereich und eine Kletterwand, die direkt an den Containern befestigt werden kann. Mit Blick auf die Saale soll man seine Cola trinken können, meint der Schatzmeister später. Das stelle ich mir ganz schön vor. Aber mit Cocktail.
Gaby Kaminski, Initiatorin des Projekts und zweite Vorständin des gemeinnützigen Vereins, spricht mir aus der Seele, als sie meint, es gäbe in Hof so viel Neues zu entdecken. Exakt diese Worte stehen auf der Startseite dieses Blogs. Wir haben so viel zu bieten, doch manchmal fehlt uns einfach die Gelegenheit, um zu zeigen, was wir können. Doch das soll geändert werden. „Was dem Einzelnen nicht möglich ist, das schaffen viele“, zitiert Gaby Herrn Friedrich Wilhelm Raiffeisen. Und ja, ich habe den Eindruck, dass mit awalla zwar selbstverständlich Gäste von außerhalb angezogen werden sollen, allerdings eröffnet sich mir das Bild einer großen Familie von Hofern, die sich nach und nach zusammenschließt, um gemeinsam einen attraktiven Treffpunkt voller Möglichkeiten zu erschaffen.
Chris Witzig, der Schatzmeister, bestätigt meinen Eindruck. Die Größe des Ganzen wird spiegeln, wie wichtig das Projekt den Leuten ist, erklärt er. Danach erläutert er das Crowdfunding Projekt der VR-Bank, das bei hundert Fans in die Finanzierungsphase geht. Ich kann ihm gar nicht richtig zuhören. Ich kenne ihn nur als DJ, auf dessen Musik ich total gerne tanze und außerdem bin ich verwirrt, weil ich dachte „Witzig“ wäre ein Künstlername.
Alle können sich einbringen
Aber zurück zu den Fakten – und das ist wirklich wichtig: Dieses tolle Idee wird mit der Motivation und Wertschätzung von uns Hofern stehen und fallen. Natürlich kann man kritisieren und zweifeln und unsere Stadt grundsätzlich doof finden. Nur sind die geilen, innovativen Erfolgsprojekte dieser Welt sicher nicht zu ebendiesen geworden, weil Menschen von ihrem Misserfolg überzeugt waren. Wir brauchen Leute, die Bock haben. Bock, ein Teil des Ganzen zu werden, Bock, ihre Ideen einzubringen. Wir brauchen Menschen, die dem ganzen eine Chance geben. Positive Menschen. So positiv, wie das Team von Veranstaltern, dass sich am Ende des Vortrags gemeinsam vom Publikum bejubeln lässt. Es ist ein wunderbares Bild. Denn man spürt die Vertrautheit zwischen diesen unterschiedlichsten Menschen. Sie ist durch das gemeinsame Arbeiten an einem Herzensprojekt gewachsen. Und jeder von uns weiß, dass aus gemeinsamen Zielen die großartigsten Dinge entstehen können.
Der gemeinnützige Verein awalla kann durch jeden von uns unterstützt werden. Dabei ist die spottbillige Mitgliedschaft für 29 Euro jährlich nur eine von unendlich vielen Möglichkeiten. Sachspenden für den Aufbau, der sich am Konzept des Upcycling orientiert sind eine weitere Option. Dabei wird von alten Stühlen bis hin zu Gartenzäunen alles benötigt. Vor allem eigene Ideen sind natürlich willkommen. Und für den Anfang kann man einfach diesen Beitrag teilen.
Hallo von HOF zu HOF …. das sind einfach ALLES ganz tolle IDEEN ….. die mit ganz viel LEBEN erfüllt werden können ….. DEIN Beitrag ist ganz bestimmt ein super „EMOTIONSstupser“ …. eine DESIGNERfreundin von mir würde sagen „na wie geil ist das denn“ …. das klingt so nett und bringt es einfach auf den PUNKT ….. vielen DANK …. HOF ist so PRIMA und ich hoffe auf ein baldiges kennenLERNEN ….
Ach Mensch, ist das ein wohltuendes Feedback. Genau das habe ich mir gewünscht, dass ankommt, wieviel Herzblut in diesem Blog steckt. Auf ein Kennenlernen freu ich mich ebenso 🙂
Ich bin begeistert ob dieser herrlich frischen Präsentation. Keep on blogging like this, my dear!
Mein Paps – ich danke dir <3
Hallo,
ich wuenschte ich koennte so toll wie du schreiben und dann noch ueber awalla! Ganz herzlichen Dank – das gibt Kraft und spornt an!
Ich hoffe, wir lernen uns kennen!
Herzliche Grüße und frohe Ostern
Gaby Kaminski
Oh, was für ein schönes Kompliment – Ich danke Dir herzlichst! Und dass ich etwas Ansporn beitragen konnte, freut mich noch viel mehr. Ihr verkörpert so viel Schaffenskraft und habt tolle Ideen, dafür wünsche ich Euch unendlich viel Energie. Auf ein Kennenlernen und News von Euch freue ich mich auch 🙂
Liebe Grüße,
Jenny