Auf dem Wochenmarkt einkaufen ist toll. Regional kaufen ist toll. Kauft regional. Wer regional kauft, unterstützt unsere Bauern und die regionale Wirtschaft. Toll ist auch, dass man auf die Art umweltbewusst und nachhaltig lebt. Kurze Transportwege, kein Verpackungswahnsinn. So toll! Klar könnte ich Euch all diese Fakten in meinem heutigen Beitrag aufzählen. Sie sind nämlich allesamt wahr. Doch will ich Euch nicht mit Wahrheiten langweilen. Schließlich sind wir hier im Internet. Also habe ich mir vergangene Woche zusammen mit Uwe Voigt, Marktmeister der Stadt Hof, eine Mission ausgedacht. Sie lautete: Finde und kaufe die Zutaten für die besten Hofer Schnitz auf dem Wochenmarkt. Eigentlich ganz einfach. Doch da habe ich meine Rechnung ohne die angeblich so maulfaulen Hofer gemacht. Durch sie ist das Erlebnis nämlich zum chaotisch-unterhaltsamen Eventshopping geworden.Mit Rezept am Ende des Beitrags .
Matthias ist ein absolutes Energiebündel. Mit dem breitesten Grinsen aller Zeiten springt er von Kunde zu Kunde, verkauft hier, fachsimpelt da und haut einen Spruch nach dem anderen raus. Dann zeigt er auf zwei Männer neben seinem Stand. „Die habe ich gerade beraten. Die sind momentan in Rehau untergekommen. Also nicht in der Klinik“, feixt er. „Der eine ist nämlich Kanadier, der andere Spanier. Cool, oder?“ Dann ruft er ihnen einfach irgendwas auf italienisch zu. Gerade wollte Matthias uns eigentlich die Zutaten für Hofer Schnitz verraten, jetzt interessiere ich mich plötzlich für einen Wein. Ein Österreicher, Mitte fünfzig mischt sich ein. Er ist als Gast im Hotel Maxplatz eingemietet und sagt etwas über das Etikett auf der Flasche. Der Händler antwortet fachkundig, dann schenkt er uns eine Banane, auf die er mit Edding „Hofer Schnitz“ geschrieben hat. Ich wollte doch nur Gemüse kaufen.
Es ist Samstag, 9:30 Uhr und wir sind hier auf dem Hofer Wochenmarkt. Wir, das sind Marktmeister Uwe Voigt und ich. Auf der Suche nach dem ultimativen Hofer Schnitz Rezept haben wir den Händler von „Früchtla“ aus Weißenstadt, zuerst angesprochen. Ein standardisiertes Rezept findet man für das Gericht nämlich nirgendwo. Mal liest man von Hammelfleisch, dann wieder von Rind. Bisher dachte ich immer, es gäbe eine Besonderheit, die den Eintopf zu echten Hofer Schnitz macht. Doch noch weiß ich nicht, welche das sein könnte.
„Petersilienwurzel und verschiedenes Gemüse der Saison“, erklärt Matthias schließlich. „Und die Brühe muss mit Rindfleisch und weng aus Knochen gemacht sein. Aber vor allem muss man dazu a Meinel trinken.“ Ich notiere: Vor allem ein Meinel trinken. Ein Kunde mischt sich ein: „Schnitzel müssen da nei – scho immer!“ Wir lachen kopfschüttelnd. „Ich kann scho noch mehr Schmarrn erzählen“, bietet der Kunde mir an. Ich sage, ich komme gegebenenfalls drauf zurück. Dann laufen wir weiter.
Über den Maxplatz schlendernd sehen wir uns um. Hier gibt es wirklich alles, was das hungrige Herz begehrt. Fleisch, Wurst, Käse und Backwaren, aber auch Mediterranes, wie eingelegte Oliven oder Artischocken. Es gibt auch Bonbons und leckere Säfte. Frisches Obst, Gemüse und Blumen machen die Stände kunterbunt. Kräuter und Gewürze kann man ebenso kaufen. Und um diese soll es am nächsten Stand auch gehen.
Ich habe gelesen, Majoran sei ein Muss für Hofer Schnitz. Doch was sagt Fachmann Rainer vom „Kräuterstübchen“ dazu? „Majoran kommt bei mir eher an die Hackfleischkleesla“, findet der Händler, „aber das ist Geschmackssache. Ich würde Liebstöckel, also Maggikraut, empfehlen. Eigentlich kann man ruhig experimentieren. Mit Kerbel, einem Hauch Basilikum – ich hab‘ sogar mal weng Curry rein.“ Curry? Das hätte ich ja jetzt wirklich nicht ausprobiert. Dann schwärmt er noch von einem Nudelauflauf, den er kürzlich erfunden hat. Mit Hackfleischsoße, Schinken, Champignons, Spargel und Käse überbacken. Uwe hatte mir im Vorfeld bereits berichtet, dass die Händler immer für einen Plausch über Rezepte zu haben seien. Er und ich werfen uns jetzt wissende Blicke zu. Wir haben heute beide noch nichts gegessen. Ich sehe es kommen: Gleich werde ich hier die Stände leer kaufen.
Obwohl die Sonne vom blauen Himmel scheint, ist es heute eiskalt. Beim Weitergehen erzählt mir Uwe stolz von den zuverlässigen Händlern. „Die kommen bei jedem Wetter her“, freut er sich. Doch wie so viele körperlich anstrengende Berufe ist auch dieser vom Aussterben bedroht. „Der jüngste Händler ist Anfang 40“, bedauert der Marktmeister. Und wie alt ist die Kundschaft so? „Morgens älter und so ab halb elf kommt das jüngere Publikum dazu“, antwortet er. „Deshalb öffnet der Markt jetzt nicht mehr von 7 – 12, sondern bis 13 Uhr.“
An einem Stand für Backwaren bleiben wir stehen. Frisches Bauernbrot aus dem Holzofen gibt es hier. Deshalb beraten wir uns jetzt über die richtige Beilage zum Hofer Spezialgericht. Im Internet stand „Baggerla“, also Kartoffelpuffer aus geriebenen Kartoffeln. Uwe und ich finden, dass ein gutes Brot mit frischer Butter immer zu Eintöpfen geht. Ich notiere mir innerlich, dass ich unbedingt selbstgemachte Butter finden muss. Da wirft plötzlich wieder ein Besucher ein: „Broodwerschd essen die Hofer gern, die dürft ihr auf keinen Fall vergessen!“ Ein toller Beitrag. Zu einer anderen Diskussion. Angesichts der Redseligkeit der angeblich so mundfaulen Hofer muss ich wieder lachen und kann so nicht arbeiten.
Als nächstes kommen wir bei „Markt-Aktiv“ vorbei. Das Marktstübchen des Vereins hat jeden Samstag von 9 bis 14 Uhr geöffnet. In dieser Zeit verwöhnen ehrenamtliche Mitarbeiter die Besucher mit wechselnden Leckereien aus regionalen Zutaten. Das Angebot lässt meinen hungrigen Magen Purzelbäume schlagen. Ein Händler sitzt da und isst zufällig gerade Eintopf. Allerdings erkenne ich Spätzle darin. Übermütig – weil man es mit der Hofer Spezialität ja nicht so ernst zu nehmen scheint – setze ich an: „Könnte ich eigentlich auch Spätzle…“..? Doch da wird mir schon eine „Wehe!“ entgegeschmettert. „Die kommen da auf gar keinen Fall rein!“ stoppt mich eine grinsende Mitarbeiterin. Okaaaay. Hier ist also die Grenze. Die Ehrenamtlichen führen mich aber gerne wieder auf den richtigen Weg. Mit Geheimtipp. Zwar nennen auch sie die üblichen Zutaten – Blumenkohl, Lauch, Erbsen, Kohlrabi, Möhren, Kartoffeln und Fleisch – allerdings verrät ein Teammitglied: „Ein Löffel Essig muss mit ran – ein Traum!“ Das notiere ich mir groß.
Dass unser Wochenmarkt auch eine gute Gelegenheit zum Netzwerken ist, versteht sich in der Kleinstadt fast von selbst. Wir haben schon den Bürgermeister getroffen, Stadträtin Andrea Hering war da, der Manager des Hotel Maxplatz hat sich gerade frische Eier geholt. Jetzt entdecken wir Pressesprecher, Rainer Krauß, mit Lebensgefährtin Nadja. Die Beiden haben gerade eine „erotische Salami“ gekauft, berichten sie lachend. Einer der Händler hat seine scharfe Salami so ausgeschildert. „Das Hofer Schnitz Rezept kannst du doch einfach Googeln“, schmunzelt Rainer. Hallo?! Nimmt hier eigentlich irgendwer meine Mission ernst?! Doch dann bekomme ich ein paar Tipps von dem Paar. Saisonales Gemüse, Lauch, Kartoffeln, Möhren. Und ja, keine Gemüse- sondern Rinderbrühe muss es sein. Na, das ist doch mal eine Ansage. „Kannst du mal meine erotische Salami halten?“, fragt Rainer seine Freundin, als er sich auf den Weg macht, den österlich geschmückten Brunnen zu fotografieren Ich wäre dann jetzt soweit, mich in die Sonne zu setzen, mir ein Bier und einen leckeren Snack zu bestellen und bis in die Abendstunden mit meinen vielen gut gelaunten Mitbürgern hier Blödsinn zu reden.
Allmählich wird es aber Zeit, zum Ende zu kommen. Auf unserem Rückweg kaufe ich einfach die Zutaten ein, die mir persönlich am meisten zusagen. Hofer Schnitz – der (in Grenzen) flexible Eintopf. Am Stand der Familie Kupfer aus Forchheim packt man mir genau die Menge Suppengrün ab, die ich brauche. Bei Händler Matthias kaufe ich den Rest des Gemüses. Außerdem greife ich noch beim Spargel zu, nehme frisch gepressten Bio-Apfelsaft mit, packe leckere Eiernudeln ein, finde die selbstgemachte Butter und entscheide mich für einen Weißwein. Frische Kräuter erhalte ich bei Familie Müller aus dem Landkreis Bamberg. Die Kartoffeln auch, aber nur mit Glück. „Erpfel haben wir heute nicht. Die gibt’s nur am Mittwoch“, sagt Frau Müller zu Uwe. Und grinst, als der sichtlich irritierte Marktleiter stutzt: „Heut gibt’s nur Kartoffeln.“
Mein Begleiter und ich sind uns einig: Langweilig wird’s auf dem Hofer Wochenmarkt nicht. Ich erhalte noch Tipps von Metzger Alfred Kramer, wie man eine klare Rinderbrühe hinbekommt (kalt ansetzen und zwischendrin Eiweiß abschöpfen), dann verabschiede ich mich von Uwe Voigt. Hungrig schleppe ich meinen Einkauf zum Auto. Und bin gespannt, wie mir meine ersten Hofer Schnitz gelingen werden!
Hofer Schnitz
Rezept für 6 Portionen:
Für die Brühe:
750 g Rindfleisch (Rinderbeinscheibe & hohe Rippe)
1 faustgroßes Stück Sellerie
1 Petersilienwurzel
1 Bund Petersilie
1 Stange Lauch
2 Möhren
2 Zwiebeln
2 Knoblauchzehen
5 Wacholderbeeren
2 Lorbeerblätter
Salz und Pfeffer
Für die Schnitz:
2 Möhren
1/2 Stange Lauch
1 Kohlrabi
5 mittelgroße Kartoffeln
1/2 Blumenkohl
frischer Majoran nach Bedarf
Essig nach Bedarf
- Zum Ansetzen der Brühe Gemüse schälen und putzen. Zwiebeln vierteln, Lauch in große Scheiben schneiden, Knoblauchzehen halbieren. Wurzelgemüse grob würfeln, Petersilie etwas zerkleinern. Die Wacholderbeeren leicht andrücken.
- Rindfleisch waschen und trocken tupfen.
3. Zutaten in einen großen Topf geben und mit 4 Litern kaltem Wasser gut bedecken. Kräftig aufkochen und auf mittlerer Hitze mindestens zwei Stunden lang mit köcheln lassen.
4. In der Zwischenzeit das restliche Gemüse in mundgerechte Stücke schneiden. Majoran hacken.
5. Fleisch aus der fertigen Brühe nehmen. Hohe Rippe in Stückchen schneiden, sehnige Teile aussortieren. Fleisch aus der Rinderbeinscheibe lösen und ebenfalls klein schneiden.
6. Brühe durch ein feines Sieb gießen, um das ausgekochte Gemüse zu entfernen. Nach Belieben mit Salz und Pfeffer würzen.
7. Geschnittenes Gemüse, Majoran und Fleisch zur Brühe geben und nochmals 20 Minuten köcheln lassen. Mit Gewürzen und Essig abschmecken – fertig!
Dazu passen frisches Bauernbrot mit Butter oder „Baggerla“ (Kartoffelpuffer) aus frischen, geriebenen Kartoffeln.
Guten Apetit <3