Eine völlig überzogene Überschrift für so etwas wie den 22. Hofer Umwelttag, oder? Dass ich sie trotzdem gewählt habe, liegt daran, dass es zwei Arten von Menschen gibt: Menschen, die motzen und Menschen, die machen. Nichts ist so energieraubend, wie Dauernörgler. Ihr wisst schon, diese Leute, die alles besser wissen, ständig rumkritisieren, seufzen, dass früher alles besser war und dabei auf keinen Fall aktiv werden. Schon während ich diese Zeilen nur schreibe, sackt mein Körper in sich zusammen. Leute hingegen, die Werte haben, Ziele verfolgen und Verantwortung übernehmen, empfinde ich als überaus attraktiv. Sichtbar brennende Leidenschaft – sowas tut einfach gut. Dabei geht es mir weniger darum, auf welche Art jemand die Welt verbessern möchte, sondern vielmehr darum, dass er es überhaupt versucht. Von dieser Perspektive aus gesehen war der Hofer Umwelttag 2018 als Veranstaltung überaus sexy. Und erhobene Zeigefinger gab es dort nur zum Richtung weisen.
Es ist Sonntag, der 3.Juni 2018. Die Sonne scheint vom Himmel, als meine Kinder und ich am Theresienstein parken. Ich bin noch ein wenig geknickt, weil ich das Hofer Bürgerfest verpasst habe. Aber man kann ja auch nicht nur feiern und sich dann beschweren, wenn die Welt tanzend zugrunde geht. Dementsprechend freue ich mich, fit und aufmerksam für die Veranstaltung zu sein. Meine Kleinen sind ebenfalls bester Stimmung.
Ein wenig kritisch bin ich trotzdem , denn ich möchte mich natürlich informieren, bin mir aber nicht sicher, wie das funktionieren wird, mit zwei extrem redseligen Rackern im Gepäck. Außerdem habe ich die Befürchtung, dass wir uns langweilen könnten. Die Themen mögen wichtig sein, aber auch wichtige Themen können todsterbenslangweilig transportiert werden. Wer’s nicht glaubt, möge mich mittwochs zu meiner Lieblingsvorlesung begleiten.
Als wir beim botanischen Garten ankommen, müssen wir uns erst einmal orientieren. Die Stände sind in alle Richtungen verteilt. Die Kinder allerdings springen sofort zu einem kleinen, hübschen Teich, auf dem ein Frosch sitzt und in unglaublicher Lautstärke quakend auf sich aufmerksam macht. Wunderschöne, große Kois schwimmen durch das Wasser. Der Frosch zieht auch andere Kinder an.
Am Teich selbst wird verschiedene Gartendekoration verkauft. Die ist süß gemacht, aber Deko gehört einfach nicht zu meinen Interessen. Dementsprechend wäre ich viel zu geizig, hier was mitzunehmen. Dafür ist die Dame am Stand aber sehr freundlich und sagt mir, wo später die Kellerführungen stattfinden und zwar ohne mir zwanghaft was andrehen zu wollen. Als sich die Kinder von ihrem Frosch losreißen können, peilen wir die ersten Stände an.
Die Kleinen entdecken einen Stand mit Aquarium. Durch die Scheibe ist ein Teichmolch zu sehen, den die Beiden bestaunen. Ein Mann beantwortet dabei geduldig ihre Fragen. Sie dürfen Lupendosen in die Hand nehmen und verschiedene Tiere aus der heimischen Unterwasserwelt beobachten. Ich kriege gar nicht richtig mit, um welche Tiere es sich handelt, denn ich kann währenddessen tatsächlich in aller Ruhe Flyer studieren. Wie ich lese, kümmert sich der LBV seit über 100 Jahren um den Arten- und Biotopschutz in Bayern. Und was mich ganz besonders freut, ist die Neuigkeit, dass man in der Ökostation des LBV Kindergeburtstag feiern kann. Beim Naturerlebnis-Geburtstag kann man Floß fahren, die Unterwasserwelt kennenlernen, grüne Hühnereier sammeln, ein Lagerfeuer machen und vieles mehr. Wenn das mal kein spannendes Angebot ist! Aber das Beste daran: Mein Sohn hat Bock drauf. Ich hatte ihm nämlich alles angeboten, von Schnitzeljagd bis Schokokuss-Wettessen. Die Antwort war immer „Indoorspielplatz“. Und davon war ich echt gelangweilt. Jetzt ist das Problem gelöst und ich werde Euch auf jeden Fall von dieser besonderen Art zu Feiern berichten.
Als nächstes stoppen wir bei der „World Foundation for Natural Science„. Davon habe ich noch nie gehört, aber meine Tochter bekommt Samen für Wildblumen geschenkt und die nette Dame erklärt uns, wie wir unsere Umweltbelastung reduzieren können. Außerdem ist es wirklich amüsant für mich zu erleben, wie auch mal andere Erwachsene ins Straucheln geraten, wenn meine Große anfängt, ihnen Löcher in die Bäuche zu fragen.
Während ich mich noch unterhalte, sind die Kinder schon einen Stand weiter gezogen. Gerade klärt mich die Frau noch über eine Theorie auf, die einen Zusammenhang zwischen Mobilfunktechnologien und Bienensterben herstellt, als mein Handy klingelt. Mein Lebensgefährte ist angekommen und sucht uns. Die Ironie der Situation ist eindeutig. Trotzdem ernte ich keinen vorwurfsvollen Blick, sondern ein Lächeln. Erhobene Zeigefinger gibt es hier nicht. Und das ist wahnsinnig entspannend. Ich stoße zu meinen Kindern, die gerade Müll fischen.
Wieder kann ich mich in Ruhe mit den zwei jungen Männern am Stand unterhalten und erfahre, dass es sich hier um ein Projekt von Sozialarbeitern der „Gruppe Jugendhilfe Hochfranken“ handelt. Ich bin jetzt schon total zufrieden. Die Kinder haben Spaß, lernen spielerisch etwas über unsere Umwelt und ich kann mir regelmäßig von leuchtenden Augen erzählen lassen, wer warum welches Anliegen hat. Es gibt doch nichts schöneres als Engagement und Wertschätzung. Die Leute an diesem Ort haben nicht nur Herzensthemen, sondern auch noch eine Plattform, um diese rüberzubringen. „Für eine l(i)ebenswerte Umwelt“, lautet das diesjährige Motto. Ich glaube, ich mag den Hofer Umwelttag.
Nun haben wir aber Hunger und peilen den Fischverkauf an. Mein Sohn wünscht sich Calamari und meine Tochter ein Butterbrot mit Schnittlauch. Es gibt außerdem einen großen, gemischten Teller mit verschiedenen Fischsorten und Brötchen, der wahnsinnig appetitlich aussieht. Ich will aber erst schauen, was noch angeboten wird und das Warten lohnt sich, weil ich später mit einem Teller türkischer Spezialitäten belohnt werde.
Als mein Freund zu uns stößt, bleiben wir sofort am Stand einer Imkerin hängen. Erst am Wochenende haben wir nämlich Bienenstöcke in der märkischen Schweiz besucht und gelernt, dass Bienen ein ganz besonderes Naturheilmittel herstellen, um ihren Stock vor Krankheiten zu schützen. Beim Propolis handelt es sich um Bienenharz, das mit seiner antibiotischen Wirkung ein echter Allrounder für jede Hausapotheke ist. Entzündungen, Sonnenbrand oder kleine Verletzungen können damit behandelt werden, aber auch zur Stärkung des Immunsystems wird Propolis angewandt. Während die Kinder verwinkelte Geheimgänge zwischen den Büschen auskundschaften, kaufen wir ein Fläschchen.
Jetzt müssen wir uns aber beeilen. Denn wie ich im Vorfeld erfahren habe, gibt es in diesem Jahr Führungen durch die Hofer Stadtkeller und eine davon geht in ein paar Minuten los. Die nette Dame zu Beginn hat mir erklärt, dass der Keller „Am Sand“ ist. Nur weiß leider keiner von uns, wo dieser „Sand“ sein soll. Und auch nicht warum. Mit Navi irren wir zu der Straße und müssen darüber lachen, dass wir in unserer kleinen Stadt derart orientierungslos sind. Am Ende stellen wir fest, dass der Keller sich direkt links neben dem Zauberberg befindet. Hättet ihr mir ja auch gleich sagen können. Wir bekommen Helme auf und erfahren, wie echter Hofer Marmor aussieht (wunderschön), wozu man die immer kühlen Temperaturen der Keller nutzen kann (zum Bier kühlen natürlich) und seit wann es diesen Keller gibt (frühes 16. Jahrhundert). Außerdem wurden Steine für den Rathausbau hier gebrochen. Nach zehn interessanten Minuten spenden wir einen freiwilligen Obolus und ziehen gut gelaunt weiter.
Wieder am Theresienstein angekommen, macht meine Tochter eine Entdeckung, die mir richtig gut gefällt. Eigentlich ist es eine Broschüre, die verschiedene Ausflugsziele in der Region bewirbt. Das merkt man aber nicht, weil sie wie ein Kinderbuch aussieht. In einer ausführlichen Geschichte mit wunderschönen Illustrationen begleitet man Laura, Max und Papa (wie cool, dass es nicht wieder die obligatorische Mama ist!) bei ihrer Fahrradtour durchs Hofer Land und entdeckt dabei Wanderwege, den Outdoor Parc Frankenwald, das oberfränkische Bauernhofmuseum in Kleinlosnitz, Windkraftanlagen in Weidesgrün und vieles mehr. Ich bin wirklich begeistert. Denn mit der Broschüre des Vereins LAG Landkreis Hof e.V. kann ich meinen Kindern vorlesen und gleichzeitig überlegen, welche Abenteuer wir als nächstes erleben wollen. Von welchem Stand wir die Broschüre haben weiß ich leider nicht mehr.
Und allgemein verliere ich langsam den Überblick. Es gibt nämlich unzählige attraktive Angebote. So viele Menschen engagieren sich in unserer Region. Das ist einfach toll! Der Bund Naturschutz verkauft uns beispielsweise leckerstes Popcorn ohne Gentechnik und hat eine Kindergruppe, die „Hofer Helden“, gegründet. Beim Bündnis 90/ Die Grünen können die Kinder Dosenwerfen, während Eltern sich durch ihr Infomaterial stöbern. Und auch die „fnung“ ist da. Die ruft im Namen der ödp zum Volksbegehren im Namen der Bienen und Bauern auf. Und nein, „fnung“ ist kein Tippfehler, aber dazu vielleicht ein andermal mehr. Auch schön: Ein Mann verkauft Kristalle und Edelsteine, die zum Teil aus dem Fichtelgebirge stammen. Und natürlich gibt es Bratwürste, Steaks und Musik zur Unterhaltung. Die letzten Minuten lassen wir in unserem bunten botanischen Garten ausklingen, schnuppern an Pflanzen, trinken aus dem Froschbrunnen und beschließen einstimmig, dass wir hier bald mal wieder unsere Zeit vertreiben wollen.
Zusammenfassend kann ich Euch versprechen: Der Hofer Umwelttag ist wirklich ein wunderbares Familienevent. Die Zweifel, die ich hatte, haben sich in keinster Weise bestätigt. Ganz im Gegenteil, die Aussteller waren allesamt bemüht, ihre Anliegen auf unterhaltsame Art anzubringen und das ist ihnen absolut gelungen. Bald wollte ich schreiben, wir sind voll auf unsere Kosten gekommen, aber die Veranstaltung war natürlich for free. Deshalb hoffe ich, wir sehen uns alle im nächsten Jahr. Zum sexy Hofer Umwelttag.